... nachfolgend ein eindrücklicher Bericht unseres Schülersprechers Philipp Jablonski:
Vom 20.01.2025 bis zum 25.01.2025 reiste der Projektkurs der Q2, sowie einige interessierte Schüler der Q2 nach Polen, um dort das Konzentrationslager Auschwitz I (Stammlager) und das Vernichtungslager Auschwitz II (Birkenau) zu besuchen. Ich bin Schüler des Projektkurses und möchte von dieser einmaligen Erfahrung berichten.
Die Fahrt wurde von Frau Wenzel und Herrn Follmann, sowie zwei externen Guides, begleitet. Nach einer langen Fahrt in die polnische Stadt Oświęcim, welche im Süden von Polen liegt, aßen wir zunächst gemeinsam Mittag und begannen dann mit unserem Programm.
Unsere beiden Guides gaben uns zunächst einen Überblick, über das, was uns in den nächsten Tagen erwarten würde. Danach folgte eine Führung durch das jüdische Museum von Oświęcim und eine Stadtführung durch Oświęcim, wobei bestimmte Orte hervorgehoben wurden, da sie besonders relevant für die Geschichte des Ortes sind.
Der Tag endete nach dem Abendessen mit einer Dokumentation, welche sich thematisch damit auseinandersetzte, ob Polizisten der Stadt Hamburg im 2. Weltkrieg eine Wahl hatten oder gezwungen waren, zu morden. (Ganz normale Männer)
Am folgenden Tag besuchten wir in zwei getrennten Gruppen das Stammlager Auschwitz I. Ab dem Betreten des Geländes war wohl allen von uns klar: Dies hier ist ein Ort, welcher wie kein anderer für das Leid unzähliger Menschen steht. Ich werde niemals vergessen, welches Gefühl ich beim Betreten des Lagers hatte, als wir den berüchtigten Torbogen mit der Aufschrift ,,Arbeit macht frei‘‘ durchquerten.
Während der Führung durch das Stammlager gab es für jeden wohl einen Moment, in dem man erkannte, welch großes Glück man hat, heute privilegiert leben zu dürfen – vor 80 Jahren hätte das ganz anders sein können. Solche Gedanken hatte ich vor allem, als wir die erdrückende Menge an Schuhen, an zurückgelassenem Gepäck und letztendlich auch an Namen in einem riesigen Buch sahen. Das sind Momente, die einen sprachlos machen.
Nach der Führung reflektierten wir unsere Eindrücke in unseren Kleingruppen. Ich denke, dass in diesem Moment noch nicht allen klar war, was man vor wenigen Stunden mit eigenen Augen gesehen hatte und was man vielleicht auch dabei gefühlt hatte. Die Reflexion hat mir im Nachgang auf jeden Fall geholfen, das Erlebte einzuordnen.
Danach hatten wir in einer ca. 1,5-stündigen Arbeitsphase Zeit, einen kreativen Beitrag mit Bezug zum Thema zu erstellen oder an unseren Facharbeiten für den Projektkurs weiter zu arbeiten. Ich schrieb in dieser Zeit ein Gedicht, welches von dem Zerbrechen einer engen Freundschaft während der NS-Zeit handelt.
Abschließend für den Tag war es freiwillig, eine Dokumentation mit dem Namen ,,Sklaven der Gaskammer‘‘ gemeinsam zu schauen. Ich nahm dieses Angebot nicht wahr. Um ehrlich zu sein, ich brauchte etwas Zeit, um nachzudenken und um selber zu verstehen, dass das kein normales Museum war, welches ich an dem Tag gesehen hatte.
Am nächsten Tag besuchten wir, erneut in zwei Gruppen aufgeteilt, das Vernichtungslager Auschwitz II (Birkenau). Man konnte nicht allzu weit schauen, da das ganze Lager in dichten Nebel gehüllt war. Man könnte schon beinahe davon sprechen, dass das wohl sehr passend für diesen Ort ist, da die Stimmung dadurch sehr düster war. Wenn man ehrlich ist, wäre das aber auch absolut egal, denn dieser Ort ist ohne jeden Zweifel düster und vor allem grausam. Wahrscheinlich können die wenigsten Menschen mit Gewissheit sagen, dass sie mal an einem Ort waren, wo Menschen gestorben sind – vor allem in einer solchen Dimension.
Besonders in Erinnerung geblieben sind mir dabei die Baracken, in welchen die Gefangenen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben mussten. Wir haben eine ehemalige Kinderbaracke besichtigt, welche unter anderem durch kindliche Zeichnungen als eine solche zu erkennen war. Hier wurde klar, dass die Nationalsozialisten auch kein Erbarmen mit den unschuldigsten und wehrlosesten Mitgliedern der Gesellschaft hatten. Von den Gaskammern sind heute nur noch Ruinen übrig, da die Nationalsozialisten gegen Ende des Krieges versuchten, ihre Spuren zu verwischen. Zu einem Zeitpunkt bekam jeder von uns eine weiße Rose und wir hielten eine Schweigeminute ab. Danach durfte jeder an einer selbstgewählten Stelle seine Rose als Symbol des Gedenkens niederlegen.
Neben Gedenktafeln auf verschiedenen Sprachen, waren dafür die Ruinen der häufigste Ort, um seine Rose niederzulegen. Da habe ich auch meine Rose niedergelegt. Da, wo so viele Menschen auf grausamste Weise ermordet wurden. Später gab es als Vertiefungsangebot einen Kunstworkshop im Stammlager zu der Kunst, die Häftlinge angefertigt haben. Es war bemerkenswert zu sehen, zu welcher Art der Kunst die Gefangenen trotz der Umstände noch in der Lage waren.
Anschließend folgte eine weitere Reflexion in der Unterkunft, bevor wir nach Krakau weiterfuhren. In Krakau aßen wir in einem israelischen Restaurant gemeinsam zu Abend. Dieser Teil des Programms sollte uns zeigen, wie heute jüdische Kultur aussehen kann. Ich denke, ich spreche für alle, wenn ich sage, dass das Essen eine gute und neue Erfahrung war. Am letzten Morgen der Fahrt stand, nach dem Frühstück, ein Zeitzeugengespräch auf dem Programm.
Die Zeitzeugin erzählte ihre Geschichte, die nochmal anders war, als die von der Zeitzeugin, die wir schon mal in der Schule gehört hatten. Die Zeitzeugin und ihre Übersetzerin schafften es eindrücklich, uns diese Geschichte miterleben zu lassen. Nach dem Zeitzeugengespräch hatten wir in Kleingruppen die Möglichkeit, für ein paar Stunden Krakau selbständig zu erkunden. Krakau ist eine einzigartige Stadt, die ich mir zukünftig nochmal privat anschauen möchte. Dieser Teil des Programms hat uns auch nochmal die Möglichkeit gegeben, uns untereinander auszutauschen und das Gruppengefühl zu stärken. Zuletzt aßen wir nochmals gemeinsam in einem jüdischen Restaurant, in welchem neben dem Essen zusätzlich traditionelle jüdische Musik live gespielt wurde.
Es folgte eine lange Rückfahrt, bis wir in Neukirchen-Vluyn ankamen. Die Fahrt nach Polen wird mir aus unterschiedlichen Gründen lange in Erinnerung bleiben. Zu sagen ,,Deutschland trägt Verantwortung für seine Geschichte‘‘ ist einfacher gesagt, als verstanden. Um zu verstehen, was das heißt, habe ich erst Auschwitz besichtigen müssen. Nachdem ich einen Eindruck davon bekomme habe, was damals passiert ist, kann ich nur eine Sache sagen und damit auch an alle meine Mitmenschen appellieren, aufzupassen: Nie wieder ist jetzt!
Mein ausdrücklicher Dank gilt Frau Wenzel, Herrn Follmann und unseren beiden Guides, welche die Fahrt begleitet haben und uns an verschiedenen Stellen dabei unterstützt haben, dass wir diese Reise in Erinnerung behalten werden. Finanziell unterstützt wurde unsere Fahrt von unserem Förderverein und dem LionsClub Vluyn, bei denen wir uns herzlich bedanken möchten. Wir bedanken uns zudem bei Frau Sommer, die im Vorfeld bei den Planungen der Fahrt unterstützt hat.
Philipp Jablonski